Eine Diagnose bei Hüft- oder Kniebeschwerden zu erhalten, kann unübersichtlich sein und viele Fragen aufwerfen. Lesen Sie hier, was Sie erwartet & wie Sie selbst aktiv werden können.

Autorin:
Laura Wergowski, Gesundheitsökonomin

Review:
Dr. Lars Jäger, Neurowissenschaftler
Letzte Überprüfung: November 2021

Das Ziel der Diagnosefindung ist der eindeutige Nachweis einer Ursache für Ihre Hüft- oder Kniebeschwerden. Je früher eine Diagnose erfolgt, desto besser können Ihre Beschwerden behandelt werden. Damit Sie Ihren Behandlungsweg souverän mitgestalten können, erfahren Sie im Folgenden, was Sie auf dem Weg zur Diagnose erwartet.

Die Anamnese

Um eine Diagnose zu stellen, benötigt Ihr Arzt oder Ihre Ärztin umfassende Informationen zu Ihren Beschwerden. Alle Informationen, die Sie in Bezug auf Ihre Hüft- oder Kniebeschwerden beitragen können, sind wertvoll. Sie können der Schlüssel zu einer Diagnose und einer erfolgreichen Behandlungsplanung sein. Ihre Behandler:innen erfragen diese Informationen in einem sogenannten Anamnesegespräch. Dieses umfasst:

  • Die Vorgeschichte ihres Gelenkes

    • bisherige Unfälle, z.B. Knochenbrüche aufgrund eines Sturzes
    • besondere Belastungen, z.B. durch Leistungssport, dauerhaft einseitige Überlastung (durch das Tragen schwerer Lasten oder gebückte Haltungen auf einem Knie) oder Übergewicht
    • weitere Erkrankungen, z.B. eine Entzündung der Gelenke wie Rheumatoide Arthritis
  • Art und Dauer der Beschwerden
    Wichtig ist außerdem Ihre persönliche Einschätzung zur Dauer und Art der Beschwerden. Wo spüren Sie den Schmerz und wie fühlt er sich an? Strahlt der Schmerz aus? Treten Ihre Beschwerden nur unter Belastung auf oder nur zu verschiedenen Tageszeiten? Es ist wichtig, dass Sie Qualität, Häufigkeit und Umstände der Beschwerden so präzise und nachvollziehbar wie möglich darstellen. So vermitteln Sie Ihrer Ärztin oder Ihrem dem Arzt einen optimalen Eindruck Ihrer Symptome.

  • Einfluss der Beschwerden auf Ihre Lebensqualität
    Versuchen Sie zu formulieren, welche Bedeutung die Beschwerden in Ihrem täglichen Leben haben. Welche Situationen sind besonders durch Ihre Hüft- oder Kniebeschwerden eingeschränkt? Dazu gehören sowohl Einschränkungen in der Beweglichkeit Ihres Gelenks im Alltag, zum Beispiel beim Treppensteigen oder durch Morgensteifigkeit, als auch Beeinträchtigungen beim Gehen von (längeren) Strecken zu Fuß.

  • Vergangene Behandlungsversuche
    Es ist außerdem wichtig zu erfahren, welche Art von Behandlung Sie wegen Ihrer Gelenkbeschwerden in der Vergangenheit bereits in Anspruch genommen haben. Haben Sie beispielsweise eine Ernährungsberatung, Physiotherapie oder eine medikamentöse Behandlung durchgeführt? Oder wurden Sie schon einmal aufgrund Ihrer Beschwerden operiert? Wie erfolgreich waren diese Behandlungen?

Ablauf der körperlichen Untersuchung

Nachdem Ihre Vorgeschichte sowie Ihre Symptome besprochen wurden, erfolgt die körperliche Untersuchung. Das betroffene Gelenk wird dabei durch Tasten und Bewegungstests untersucht. Die Ärztin oder der Arzt wird Ihr Gelenk in verschiedene Positionen bewegen, um die Funktion (z.B. die Beuge- und Streckfähigkeit) zu beurteilen. Das Ziel ist es, den Bewegungsumfang des Gelenks genau zu messen. Wichtig ist dabei, dass Sie schmerzhafte Bewegungen direkt signalisieren und Schmerzpunkte mit einem Finger genau aufzeigen.

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Meist ist bei der körperlichen Untersuchung auch ein Seitenvergleich zum gesunden Gelenk hilfreich. Deshalb wird dieses häufig ebenfalls untersucht. Die allgemeine körperliche Untersuchung Ihres Gelenkes umfasst:
  • die Begutachtung – Ist das Gelenk geschwollen, gerötet oder überwärmt?
  • die Beurteilung der Durchblutung – Sind alle Pulse tastbar?
  • die Beurteilung von Beweglichkeit und Sensibilität in beiden Beinen und Füßen

Diese drei Faktoren können Hinweise auf eine Entzündung im Gelenk, eine fortgeschrittene Gefäßerkrankung oder eine neurologische Ursache der Beschwerden wie z.B. eine Schädigung von Nerven geben.

Spezielle Untersuchung des Hüftgelenks

Die spezielle körperliche Untersuchung des Hüftgelenks beurteilt:

  • das Gangbild – Ist ein Hinken zu erkennen oder knicken Sie beim Gehen auf einer Seite leicht ein?
  • den Beckenstand – Steht ein Hüftgelenk höher als das andere?
  • die Beinlängen und -achsen – Ist ein Bein länger als das andere?
  • das Bewegungsausmaß der betroffenen Hüfte – Inwieweit sind Streckung und Beugung sowie Auswärts- und Einwärtsdrehung möglich?

Außerdem überprüfen die Ärzt:innen, ob ein Klopf- oder Druckschmerz besteht und wie stark die Muskulatur im Bereich des Gesäßes sowie der Ober- und Unterschenkel ausgeprägt ist.

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Spezielle Untersuchung des Kniegelenks

Die spezielle körperlichen Untersuchung des Kniegelenks beurteilt:

  • das Gangbild – Ist ein Hinken zu erkennen oder knicken Sie beim Gehen auf einer Seite leicht ein?
  • die Beinlängen und -achsen – Ist ein Bein länger als das andere?
  • die Stabilität der Kniebänder – Besteht ein unnatürlich großer Bewegungsspielraum im Knie?
  • die Beweglichkeit der Kniescheibe – Besteht ein Druck- oder Verschiebeschmerz, während die Kniescheibe bewegt wird?

Außerdem überprüfen die Ärzt:innen die Funktion der Knorpelflächen (Menisken) und die Ausprägung der Muskelkraft im Kniegelenk.

Weitere Diagnostik: Bildgebende Verfahren

Nach einem ausführlichen Gespräch und einer körperlichen Untersuchung ist es oft nötig, dass Ihr Hüft- oder Kniegelenk bildhaft dargestellt wird. Folgende Verfahren werden unterschieden:

  • Röntgen
  • Ultraschalluntersuchung (Sonographie)
  • Magnetresonanztomographie (MRT)
  • Computertomographie (CT)

Welche bildgebende Untersuchung für Sie notwendig ist, entscheidet Ihr Arzt oder Ihre Ärztin.

Bildgebende Verfahren bei Arthrose

Die Diagnose Arthrose wird meistens mit Hilfe eines Röntgenbildes gesichert. Bei der Röntgenuntersuchung wird mit Hilfe von spezieller Strahlung ein Abbild Ihres Gelenks erstellt. Es entsteht ein schwarz-weißes Bild, ähnlich der traditionellen Negativentwicklung in der Fotografie. Auf diesem kann der Arzt oder die Ärztin Ihr Gelenk im Detail beurteilen.

Auf einem Röntgenbild ist der Knorpel selbst nicht zu erkennen. Es sind aber gegebenenfalls eine Veränderung am Gelenkspalt oder an den Knochen zu sehen, die einen Hinweis auf den Abrieb des Knorpels geben. Je enger der Gelenkspalt auf dem Röntgenbild erscheint, desto mehr Knorpelgewebe ist tendenziell bereits abgetragen.

Nicht alle Menschen haben Beschwerden, obwohl auf ihrem Röntgenbild Anzeichen von Arthrose erkennbar sind. Umgekehrt gibt es aber auch Menschen mit Beschwerden, deren Gelenke auf dem Röntgenbild unauffällig sind.

Welche bildgebende Untersuchung für Sie notwendig ist, entscheidet Ihr Arzt oder Ihre Ärztin.

Werden Sie aktiv

Indem Sie sich frühzeitig und ausführlich auf Ihre Arzttermine vorbereiten, können Sie aktiv zur Diagnosefindung beitragen. Notieren Sie alle Gedanken, Fragen und Beobachtungen, die Sie im Gespräch mit den Ärzt:innen erwähnen möchten und bringen Sie diese Notizen zu Ihren Arztterminen mit. So wird es Ihnen gelingen, den Prozess der Diagnosefindung bestmöglich mitzugestalten.

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    • AWMF (2019). S2k-Leitlinie „Koxarthrose“. Registriernummer 033-001. https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/033-001.html [Stand: 10.07.2019, gültig bis 31.12.2023] 
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